Besitzen und Verwalten

Die Grundherrschaft

Die Wirtschaftskraft des Stifts Gernrode wie der Propstei Frose basierte auf dem Grundbesitz. Markgraf Gero I. vermachte dem Stift bei der Gründung die urbs Geronisroth, die Dörfer Badeborn, Groß- und Klein-Alsleben, Oster- und Westeregeln sowie Gröningen.

Fälschung, um 1200. Oranienbaum, Anhaltisches Gesamtarchiv, Urkunden 1 Nr. 9

Um 1200 ließen die Gernröder Kanonissen alle Besitzrechte, Hörigen und Orte ihres Stiftes in einer Urkunde zusammenfassen. Demnach gehörten Gernrode und Frose 24 ganze Dörfer, 21 Kirchen und beinahe 400 verstreute Hufen. Der Text und das Siegel geben vor, es handle sich um eine Urkunde des Markgrafen Gero aus dem Jahr 964. Diese Fälschung wurde 1207 von Papst Innozenz III. bekräftigt und galt seither als echt.

Nach dem Tod des Markgrafen erbten Gernrode und Frose den gesamten übrigen Besitz. Ottonische und salische Herrscher, Markgraf Ekkehard II. von Meißen und Äbtissin Hedwig von Seeburg mehrten den Besitz durch weitere Schenkungen.

Zur Zeit der größten Ausdehnung besaßen Stift und Propstei circa 1.000 Hufen. Das entspricht mindestens 11.000 ha Land, bestehend aus Wald, Weinbergen, Fischteichen, Schafweiden und Ackerland. Gernrode und Frose zählten damit zu den reichsten Grundbesitzern im Ostharz.

Der Grundbesitz war seit dem 11. Jahrhundert aufgeteilt in das Gut für die Äbtissin, die Kanonissen und die sonstigen Bewohner des Stifts und der Propstei. Die Stiftsdamen verwalteten nur einen geringen Teil des Besitzes selbst. Sie ließen die Güter von abhängigen Bauern gegen einen Zins bewirtschaften oder betrieben eigene Wirtschaftshöfe. Den größten Teil der Güter verliehen sie an Vasallen und Ministerialen.

Die Stiftsuntertanen leisteten nur geringe Frondienste von jährlich einem bis sechs Tagen sowie Jagd- und Fuhrdienste. Seit dem 13. Jahrhundert konnten sie die Naturalabgaben durch Geldzahlungen ablösen. Daneben zahlten sie Erb- und Pachtzinsen.Wegen der hohen Todfallabgabe, die weit über das übliche Maß hinausging, fanden sich im 15. Jahrhundert keine Bauern mehr bereit, das klösterliche Gut zu bewirtschaften. Die Äbtissin und das Kapitel mussten ihre Forderungen zurückschrauben, um neue Pächter anzulocken.

Starb ein Bauer in Groß- oder Klein-Alsleben und Alikendorf, so musste seine Witwe die Hälfte der beweglichen Habe an die Äbtissin und das Stiftskapitel abgeben. Es war üblich, beim Tod des Mannes das beste Stück Vieh im Stall zu fordern (Besthaupt), beim Tod der Frau das beste Gewand (Bestkleid). Die Todfallgebühren der Gernröder Stiftsdamen überstiegen das übliche Maß daher bei weitem.

1525 revoltierten die Hörigen des Stifts gegen die Erhöhung der Abgaben und Dienste. Gegen die Forderung der Äbtissin Elisabeth von Weida konnten sich die Bauern aber nicht durchsetzen. Durch Verschuldung, Misswirtschaft einzelner Äbtissinnen, Streitigkeiten innerhalb des Kapitels, die rückläufige Siedlungsentwicklung im Spätmittelalter, die skrupellose Erwerbspolitik der Erzbischöfe von Magdeburg und der Bischöfe von Halberstadt verlor das Stift seit dem 13. Jahrhundert Güter und abhängige Bauern. 1544 war der Besitz auf Gernrode, fünf Dörfer und einige wüste Feldmarken zusammengeschrumpft.

Im Verlauf des Bauernkrieges kam es am 5. Mai 1525 zu Auseinandersetzungen zwischen dem Stift Gernrode und seinen Untertanen. Als Äbtissin Elisabeth von Weida die Abgaben und Dienste erhöhen wollte und den Bauern gegen alle Gewohnheit das Holzschlagen im Stiftsforst verbot, revoltierten die Bauern und bedrohten die Gernröder Kanonissen. Die Bauern zogen den Kürzeren. Sie konnten ihre Forderungen weder militärisch noch politisch durchsetzen.

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