Schützen und Beherbergen

Die Nähe zum König

Das Stift Gernrode unterhielt vielfältige Beziehungen zu den Königen der ottonischen und frühen salischen Dynastie. Durch die Ehe Siegfrieds mit Hathui, einer Nichte der Königin Mathilde, verschwägerte sich die Familie Geros mit den Billungern und den Liudolfingern. Der Legat Siegfried, sein Bruder Gero und dessen beide Söhne Gero und Siegfried dienten König Heinrich I. und Otto der Große als treue Vasallen. Sie sicherten die Ostgrenze des Reiches gegen Slawen und Ungarn und erweiterten das Herrschaftsgebiet der sächsischen Könige. Otto dankte Gero für die Treue, indem er die Patenschaft für dessen Sohn Siegfried übernahm.

1014 setzte Heinrich II. Adelheid (* 977, † 14.01.1043), die Schwester Ottos III., als Nachfolgerin der verstorbenen Äbtissin Hathui ein. Eine Generation lang gehörte Gernrode damit zum Kreis der berühmten ottonischen Damenstifte Quedlinburg, Gandersheim, Essen und Vreden. Die Kanonissen in Gandersheim und Quedlinburg gedachten ihrer verstorbenen Schwestern in Gernrode.

Auf Adelheid folgte Hazecha, eine Nachfahrin von Geros Bruder Siegfried. Seit dieser Zeit übernahmen häufig Töchter aus den mit Geros Familie verwandten Geschlechtern der Askanier und Wettiner die Ämter der Äbtissin und der Pröpstin in Gernrode. Seitdem Otto I. das Stift am 17. Juni 961 unter seinen Schutz gestellt hatte, waren die Kanonissen verpflichtet, für das Seelenheil des Herrschers und seines Sohnes zu beten und den reisenden König mitsamt Gefolge zu beherbergen und zu verköstigen. Überliefert sind aber nur wenige Herrscheraufenthalte in Gernrode. Das Gastrecht nutzten anscheinend nur Kunigunde, die Gemahlin König Heinrichs II., König Heinrich V. und Kaiser Friedrich I.

Stollenschrank Halberstadt, Domschatz (Besitz der Liebfrauenkirche), um 1230/40 Repro: Halle, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-AnhaltAuf der rechten Flügeltür des Schranks befindet sich im Inneren die Darstellung der hl. Kunigunde in königlicher Pose, auf der linken Flügeltür die hl. Katharina als Königin.

Königin Kunigunde besuchte das Stift Gernrode am Palmsonntag des Jahres 1004 in Begleitung Erzbischof Taginos von Magdeburg und des Klerikers Thietmar, des späteren Bischofs von Merseburg. Sie feierte mit der Äbtissin Hathui I. die Messe und zog anschließend mit ihrem Gefolge nach Magdeburg weiter, wo sie am Mittwoch der Karwoche eintraf und bis Ostern verweilte.

 

Thietmar von Merseburg, Chronicon. Thietmar von Merseburg, Chronicon, Lib.VI 3, fol. 98 v . Aus: Die Dresdner Handschrift der Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg in Faksimile hrsg. [von Ludwig Schmidt], Dresden 1905 (Göttingen, Diplomatischer Apparat der Georg-August-Universität, DA – TD 59).

Venimus ad saltum Geronis ibique cum venerabili abbatissa Hathui palmas solemniter peregimus. »Wir kamen zum Wald Geros und begingen feierlich mit der Äbtissin Hathui den Palmsonntag.«

Das Stift erhielt umfangreiche Besitzschenkungen und Privilegien (Immunität, freie Wahl des Vogtes und der Äbtissin) von den ottonischen Herrschern. Zwar unterstützten auch die frühen salischen Herrscher die Kanonissen, ihr Interesse an Sachsen verlagerte sich jedoch stärker auf den Westharz (Goslar). Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts trat an die Stelle der königlichen Protektion der Einfluss sächsischer Schutzvögte aus dem Haus der Askanier, der späteren Fürsten von Anhalt. Im 15. und 16. Jahrhundert bemühten sich die Äbtissinnen erneut um kaiserliche Privilegien. Sigmund, Friedrich III., Karl V., Maximilian II. und Rudolf II. bestätigten die Rechte des Stifts und die Einsetzung der Äbtissinnen.

 

Privileg Friedrichs I. Hannover, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv, Hild. Or. 2 Kloster Wöltingerode Nr. 2. Kaiser Friedrich I. bestätigt die Gründung und Ausstattung des Zisterzienserinnenklosters Wöltingerode und nimmt es in seinen Schutz. Ausgestellt in Gernrode am 22. November 1188.

Friedrich Barbarossa hielt in Gernrode vom 20. – 25. November 1188 einen Hoftag. Während seines Aufenthalts stellte er drei Urkunden aus und stiftete der Kirche angeblich eine Glocke, die heute noch in der Stadtkirche St. Stephan hängt (sog. Barbarossaglocke).

 

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